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Chemisches Recycling von Kunststoffen

Das ein verantwortungsloser Umgang mit Kunststoffabfällen ein Problem für die Umwelt darstellen, ist allgemein bekannt. Bis 2030 wird der weltweite Kunststoffverbrauch auf 460 Millionen Tonnen geschätzt.

Um eine gut funktionierende Kreislaufwirtschaft zu schaffen, müssen diese Materialien recycelt werden. Wenn über Recycling gesprochen wird, meint man häufig mechanische Prozesse. Doch dies ist nicht die einzige Art, solche Materialien zu verarbeiten. Es gibt auch noch chemisches Recycling.

In diesem Blogartikel beleuchten wir die chemischen Prozesse genauer.

Abfallhierarchie in umgekehrter Pyramidenform

Was ist chemisches Recycling?

Im Vergleich zu mechanischem Recycling wird bei chemischem Recycling die chemische Struktur verändert. Die Polymere werden in ihre ursprünglichen Bestandteile - Monomere und Kohlenwasserstoffe - zerlegt.

Die europäische Koalition beschreibt chemisches Recycling wie folgt: Polymere Abfälle werden durch chemische Veränderung in neue Stoffe umgewandelt. Diese werden als Produkte oder Rohstoffe für die Herstellung von Produkten verwendet. Folgende Grafik beschreibt die Produktion von Kunststoffen sowie die Wege zur Wiederverwendung beziehungsweise des Recyclings.

  • Die nachstehenden Grafik zeigt die Herstellung von Kunststoffen aus Rohöl sowie die Nutzung und die Entstehung von Kunststoffabfall.
  • Die farbigen Pfeile unterhalb veranschaulichen die Recyclingmethoden.

Diagramm der Recyclingtechnologien zur Verarbeitung von Kunststoffabfällen, einschließlich mechanischem Recycling, lösungsbasiertem Recycling, Depolymerisation und thermischer Umwandlung


Der graue Pfeil „Re-use“ ist die Wiederverwendung der Produkte, ohne diese zu verarbeiten. Der darunterliegende hellgrüne Pfeil „Mechanical Recycling“ bezieht sich, wie die Beschriftung bereits erahnen lässt, auf das mechanische Recycling.

Das chemische Recycling wird häufig in drei Hauptgruppen unterteilt – dies sind die letzten drei Pfeile in der Grafik:

  • Solvent-based Recycling
    Diese Verarbeitungsweise verändert zwar nicht die chemische Zusammensetzung der Materialien, jedoch werden chemische Stoffe im Prozess eingesetzt. Dieser eigentlich physikalische Prozess wird fälschlicherweise oft den chemischen Recyclingverfahren zugeordnet.
  • Depolymerisation
    Materialien wie PET, PA, PU oder PLA werden in ihre Monomere zurückgeführt. Daraus können neue Polymere hergestellt werden. Der Vorteil dieser Verarbeitungsform liegt darin, dass wieder Neuware produziert werden kann. Allerdings geht dies mit einer deutlich höheren Anlagenkomplexität und höheren Energiebedarf einher.
  • Thermische Umwandlung (Pyrolyse)
    Der größte Teil im Markt des chemischen Recyclings (70-80 % davon) ist die Pyrolyse. Diese Methode kommt für Polyolefine wie Polyethylen und Polypropylen zur Anwendung. So kann der größte Anteil der PE und PP Kunststoffe recycelt werden.

    Bei der Pyrolyse werden die Kunststoffe zu synthetischem Rohöl zurückgeführt. Der Vorgang erfolgt bei 350-700 Grad Celsius unter Ausschluss von Sauerstoff. Dabei werden lange Polymerketten in kürzere zerlegt. Für die zumindest teilweise Weiterverarbeitung des synthetischen Rohöls zu Kunststoffen muss die gesamte petrochemische Produktionskette erneut durchlaufen werden.

    So können aus Kunststoffen neue petrochemische Produkte wie Treibstoffe, Basischemikalien oder Naphtha für die Herstellung von Monomeren in zum Beispiel einem Steam Cracker gewonnen werden. Die erzielbaren Erträge für neue Kunststoffe liegen je nach Qualität der Materialien und petrochemischer Prozessketten zwischen 15 % und 50 %. Welche tatsächlichen Recyclingquoten aus chemischen Recycling erzielbar sind und auch in die Quoten einfließen dürfen, ist in Europa noch nicht gesetzlich geregelt. Eine entsprechende Definition zur Verwendung eines Massenbilanzansatzes ist in Erarbeitung und Inhalt einer sehr kontroversiell geführten Diskussion.


Unterschiede mechanisches vs. chemisches Recycling

Bei mechanischem Recycling werden Kunststoffe zu Granulat verarbeitet. Diese Methode benötigt wenig Energie und geringe Investitionskosten und sorgt für hohe Einsparungen beim CO2-Fußabdruck. Im Gegensatz zur allgemeinem Argumentation, ermöglicht auch mechanisches Recycling eine Herstellung von hochwertige Endprodukten bis hin zu lebensmitteltauglichen Verpackungen.

Chemisches Recycling ist anders. Hier werden Reaktoren mit hohen Temperaturen und Katalysatoren eingesetzt. Es soll zum Einsatz kommen, wenn mechanisches Recycling an seine Grenzen stößt. Jedoch benötigen die chemischen Prozesse mehr Energie.

Mechanische Prozesse bereiten auch Materialien für das chemische Recycling vor. Vor allem Abfälle aus dem gelben Sack wie PP- und PE-Verpackungen werden in der Pyrolyse behandelt. Diese müssen jedoch zuerst mithilfe von mechanischen Prozessen vorbereitet werden, bevor sie in das chemische Recycling gelangen. Im Optimalfall ergänzen sich beide Methoden gegenseitig, anstatt miteinander zu konkurrieren. Dies ist aber nur der Fall, wenn Materialien, die dafür geeignet sind ins effizientere mechanische Recycling gehen und chemisches Recycling neue Stoffströme aufgreift welche bisher nicht recycliert werden konnten.

Jedoch wird mechanisches Recycling oft kritisiert. Es wird vorgeworfen, dass durch die wiederholte Verarbeitung die Polymerketten immer kürzer werden, was zu minderwertigen Produkten führt. Chemisches Recycling verspricht hochwertigere Produkte herstellen zu können, insbesondre auch Lebensmittelverpackungen.

Ein Nachteil des chemischen Recyclings wiederum ist jedoch, dass etwa bei der Pyrolyse nur ein relative kleiner Anteil des Plastiks wieder zu Kunststoffen weiterverarbeitet werden kann. Es wird oft als „perfekter Kreislauf“ dargestellt, was nicht ganz der Realität entspricht. Ein mittlerweile ausgeräumtes Missverständnis war, dass chemisches Recycling auch aus schlechtester Eingangsqualität wieder Neuwarenartige Kunststoffe herstellen kann. Dem ist natürlich nicht so, auch beim chemischen Recycling ist eine gute Qualität des Eingangsmaterials essentiell für den Erfolg.

Die einzelnen Teilbereiche des Kreislaufs der unterschiedlichen Arten Kunststoffe zu recyceln. Die Grafik umfasst mechanisches und chemisches Recycling.

Mechanische Recycling Technologien zur Materialaufbereitung für das chemische Recycling

Nicht so anders als mechanisches Recycling, benötigt auch chemisches Recycling gut definierte und aufbereitete Materialeingangsströme. Unausweichlich müssen gemischte Kunststoffe für beide Stoßrichtungen sorgfältig sortiert werden. Dabei kommen mechanische Reinigungsverfahren (Trocken- bzw. Nassreinigung) zum Einsatz. Ein entscheidender Faktor dabei ist die schwer zu handhabende Natur von Post Consumer Kunststoffen (niedrige Schüttdichte, Kontamination, Feuchtigkeit).

Vor allem für die Pyrolyse wird Extrusion genutzt um die eingehenden Materialien rasch und energieeffizient auf Temperaturen bis zu 300 ° C zu bringen. Gleichzeitig wird Luftsauerstoff und Feuchtigkeit aus dem Material gezogen.

Die CHEMAREMA® Baureihe vereint verschiedene Technologien der EREMA Group mit dem Ziel die Eingangsmaterialien fürs chemische Recycling bestmöglich zu gestalten.
Durch den Einsatz dieser Technologie ist auch kein zusätzlicher Voragglomerationsschritt notwendig, was ~40% Energie einspart.

Mechanisches vs. chemisches Recycling im Überblick

  Mechanisches Recycling Chemisches Recycling
Prozess Kunststoff wird zu Granulat verarbeitet
  • Depolymerisation: Polymere werden in Monomere zurückgeführt.
  • Thermische Umwandlung - Pyrolyse: Polymere werden zu synthetischem Rohöl zurückgeführt.
Energiebedarf Gering Hoch
Investitionsbedarf Gering Hoch
Ausrüstung Extruder Reaktoren, Katalysatoren, eventuell auch Extruder
Materialaufbereitung Sortieren und Waschen Sortieren, grobreinigen, ggf. auch Waschen
Anwendungsbereich Insbesondere für sortenreine und saubere Kunststoffe Setzt im Optimalfall dort an, wo mechanisches Recycling an seine Grenzen stößt
Beispiele für Materialien thermoplastischen Kunststoffe (PET, PE, PP, PS, PA, PC…) beispielsweise PP und PE mittels Pyrolyse sowie PET, PA mit Depolymerisation
Nachteile Kunststoffketten werden durch wiederholtes Recycling kürzer Nur ein relativ geringer Teil wird wieder zu Kunststoffen, hoher Energieaufwand
Vorteile Effizient und weniger aufwendig Kann hochwertige Neuware herstellen, auch für Lebensmittelverpackungen

Wo stößt chemisches Recycling an seine Grenzen?

Wie mechanisches hat auch chemisches Recycling seine Grenzen. Auch beim chemischen Recycling können minderwertige Materialien nicht in hochwertige Produkte umgewandelt werden. Methoden wie die Pyrolyse verlangen, ähnlich wie mechanisches Recycling, relativ eng definierte Stoffströme, auch wenn die Akzeptanz für gemischte Fraktionen etwas höher ist.

Ebenso wäre die chemische Depolymerisation von Polyestern theoretisch fähig, stark kontaminierte Stoffströme (etwa Post Consumer Textilien) zu verarbeiten. Jedoch ist dies in der Praxis mit einem enormen technischen Aufwand verbunden. , Auch die Wirtschaftlichkeit ist am Ende nur gegeben, wenn die erzielten Erträge hoch sind. Das verlangt nach sorgfältiger Sortierung, Aufbereitung und Reinigung der Eingangsströme. Ähnlich verhält es sich beim Lösemittel-unterstütztem Recycling.

Welche Auswirkung hat die PPWR auf chemisches Recycling?

Die PPWR (Plastics Packaging Waste Regulation) hat erhebliche Auswirkungen auf die Recyclingindustrie. Ab 2030 und 2040 werden kontaktempfindliche Kunststoffe stärker reguliert und mit Mindestquoten an Anteilen an Rezyklat belegt. Für die chemische Recyclingindustrie ist dies ein potentieller Beschleuniger, je nachdem ob, und in welchem Umfang in Zukunft die Anteile an Rezyklat aus dem chemischen Recycling anerkannt werden.

Bis heute wird die chemische Verarbeitung noch nicht als echtes Recycling anerkannt. Dafür fehlt es derzeit noch an entsprechenden Gesetzen und Definitionen.

Chemisches Recycling als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft?

Chemisches Recycling kann das mechanische Recycling ergänzen, besonders bei schwer zu recycelnden Kunststoffen. Während mechanisches Recycling kostengünstig und energieeffizient ist, hat es bei kontaminierten Materialien seine Grenzen.

Die chemische Verarbeitung kann hier durch die Zerlegung von Polymeren in ihre Grundbausteine punkten. Allerdings erfordert es hohe Investitionen und Energie und ist noch nicht vollständig als Recycling anerkannt. Mit klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen und technologischem Fortschritt könnte es einen bedeutenden Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.